Drache im Hegau gesichtet

Gymnasiasten zeigen ihr Können auf der Bühne. 23 junge Schauspieler führen eine Sage auf.

Mit dem Theaterstück: „Drachenburger“ hat Autor Konrad Riggenmann ein altes Sagenmotiv zu einer altersgerechten und sehr amüsanten Politsatire verarbeitet. Und die Unterstufen Theater-AG Theatäter des Kulturzentrums Gems und des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums Singen hinterließen damit mächtig Eindruck. Regie führte Corina Rues-Benz und die schulische Unterstützung bot Nicola Fritsch.

Die Regierungsspitze des Fürstentums: Fürst (Carla Figlesthaler), Wesir (Noe Schwald) und Sekretär (Lea Große) – halten sich einen Furcht einflößenden Drachen, der als jährlichen Tribut zur Verschonung der Stadt eine siebzehnjährige Jungfrau fordert. Per Gesetz und Theorie kommen alle Siebzehnjährigen in Frage, natürlich auch die hysterischen Töchter der drei Politiker (Juwelia: Daniela Ciancio, Rubinia: Linda Spitznagel, Safiria: Tara Gnirss). Die drei Herren kommen diskutierend und sich lobhudelnd überein, ihre drei Töchter herauszumauscheln, indem sie das Naturrecht gegen das Staatsrecht ausspielen. Im Lostopf verbleiben damit vier arme Mädchen aus dem Volke: die kecke und fäkalsprach-starke Ofelja (Lara Ott) und die drei unwesentlich braveren Pöbelmädchen Afanja (Alisa Strieder), Filinja (Laura Lerch) und Befinja (Aynur Yildirim). Als live rappende Mädchengruppe fassten sie ihren Unmut gekonnt zusammen. Vergnügt und lachend konnte das Publikum nicht nur 23 engagierte und begeisterte Akteure beobachten, sondern auch miterleben, wie die tricksende Hinterzimmerpolitik und der Profitgeist der Wirtschaft eine profane Allianz eingingen.

Die Niederträchtigkeit der hohen Tiere besteht nicht nur darin, ihre eigenen Töchter zu schonen, sondern auch darin, dass sie den Deal mit dem Drachen benutzen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Denn die Existenz des Drachens ist die beste Einnahmequelle der Drachenburger Geschäftsleute. Wem sonst verkauft die Metzgerin (Tamira Düben) Unmengen ihrer Würste? Die Händlerin (Julia Vögele) und die Wäscherin (Antonia Steidle) hätten starke Umsatzeinbußen zu verkraften, wenn plötzlich das Wasser wieder sauber würde. Der Pflegerin (Emma Hoffmann) blieben die ganzen Lungenkranken aus, wenn die Luft vom Drachen nicht mehr verpestet würde.

Weil die Manipulation des Lostopfes misslingt, dank der trotteligen aber verantwortungsbewussten Soldaten Arkadi (Melanie Maurer) und Ordschoni (Vanessa Rothenberger), steht auf einmal auch die Fürstentochter als Vier-Sterne-Drachenfutter zur Verfügung. Einziger Ausweg: Ein Held muss her! Der, wenn er den Drachen töten würde, zur Belohnung Juwelia ehelichen und einen Schatz erntete. Ein tätowierter Held wird gefunden: Georgi (Jarina Maier), der sich nicht mal vom Punker-Drachen (Paul Pollmann) zu einer viel lukrativeren Beute hinreißen lässt. Besonders witzig war die Drachen-Luftkampfszene: Die Sportkommentatoren Applausi (Rosalie Auer) und Euphemi (Julia Kellermann) schildern in der dramatischen Manier eines Radioreporters den – nicht sichtbaren – Kampf, der durch die Bahren-Ankunft der Drachenköpfe gekrönt wurde. Die Werbespoteinlagen in den Kampfpausen mit den Werbegirls Alia (Lujany Ratnasingam) und Lidia (Ariana Skurka) waren weitere spaßige Einfälle.

Doch noch bevor Giorgi gewinnt, wird er vom Kontrahenten schwer verletzt, so dass an seiner Stelle die couragierte und verliebte Ofelja für ihn in den Ring steigt und dem Drachen auch noch den letzten Kopf abschlägt und damit dem 137-jährigen Opferbrauch endlich ein Ende setzt. Die Einflussreichen, einschließlich der Fürstin (Lea Zeyffert), müssen abtreten. Ein pointierter Spaß mit viel kritischem Hintersinn, indem die Theatäter durch ungebremste Spielfreude, Energie und schauspielerisches Talent auf der Bühne der Gems brillierten.